Der erste Schnee. Wieder bin ich - ich glaube, das habe ich im letzten Jahr auch gemacht - von meiner Schreibtischarbeit aufgestanden und hab mich gefreut, mir das Flockentreiben aus dem Fenster anzusehen. So schöne Wuselflocken. Liegen bleibt er noch nicht, deswegen lieber nach oben gucken, als nach unten. Aber oben ist sowieso die schönste Richtung, wenn es schneit, das unendliche Flockenchaos aus dem Himmel, das ist räumliches Sehen.
Der Kater kam auch mit dazu, Flockengucken, und saß neben mir auf der Fensterbank. Zweimal große Augen also, einmal Staunen und einmal Freude.
Dann habe ich auf der anderen Straßenseite zwei kleine Jungs gesehen, bananenkistengroße Tornister auf den Rücken, die doch allen Ernstes Klingelstreich gespielt haben. Immer abwechselnd, zögernd, bei allen Häusern der Straße. Der Kater ist ein bisschen zusammen gezuckt, als ich laut aufgelacht habe. Einen Moment lang habe ich überlegt, ob ich das Fenster aufmachen und herunterrufen sollte, ich hätte gerade die Polizei alamiert. Und Batman.
August 2005: Webblock angelegt. Vorsatz, keinem davon zu erzählen.
September 2007: Dem Tenor davon erzählt.
Oktober 2007: Wahre Identiät aus Versehen und reiner Dummheit an Blog-Komilitonin preisgeben.
November 2007: rausgefunden, dass außerdem entlarvt von... meinen Eltern!
Oh man oh man... Das nächste Mal, wenn mich eine Freundin kritisch anguckt und fragt, ob ich ein Geheimnis für mich behalten kann... muss ich wohl erst mal schlucken, bevor ich nicke, damit sie endlich mit dem neuesten Klatsch rausrückt.
DVU - Spitzenkandidat
Ohne Worte. Lautes Lachen ist schließlich kein Wort.
Ich bin vergeben, ihr Arschloch-Spam-Mails! Ich will eure scheiß Dating Communities nicht! Und ich habe auch keinen Penis, den ich vergrößern will! Geht weg, geht weg, geht weg!
Ich hab ein schönes Blog gefunden:
etc.pp. Gefällt mir, vor allem
das hier.* Er hat einen Ratzefummel gefunden und schämt sich ein bisschen, ihn aufgefunden zu haben.
Da ist mir aufgefallen, dass ich das gerne mache. Sachen finden, Sachen von der Straße aufheben. Nicht mit den Lippen berühren, dann ist das nicht so schlimm. Ich will auch was schönes finden, und Euch davon erzählen. Jetzt sofort.
* Jetzt gerade: Bruch mit der doofen Angewohnheit, in Webblogs nicht zu erklären, wovon man gerade redet, weil man ja drauf verlinken kann. Ganz doof.
Beiträge, die auf meiner euphorischen Begeisterung über irgendwas basieren, sind am wenigsten geeignet, Struktur und Kleinkramgenialität zu suchen. Und jemals nochmal gelesen zu werden.
Es gibt dieses Spiel mit den Entscheidungsfragen. Schoko oder Vanille? Hund odr Katze? Berlin oder Hambur?
Ganz klar Berlin. Siet dem letzten Wochenende da, geht mir diese Stadt nicht aus dem Kopf. "Rostock hat genau die richtige Größe", hab ich früher immer gedacht. Und dass ich mich in einer richtigen Großstadt nie wohl fühlen würde. Eigentlich denke ich das immer noch, ich liebe es, dass ich nie durch die Stadt fahren kann, ohne jemandem zu begegnen, jemandem zuzugrüßen und angewunken zu werden. Und doch nicht die Decke auf den Kopf gefallen zu bekommen (hö? ist spät), immer neue Menschen kennenzulernen, kulturelle Vielfalt zu leben. Die ganze Stadt ist mein Block, ich bin in der Silhouette ihrer Türme zu Hause.
Und doch... Berlin! Die Großstadt macht mir keine Angst mehr, sie zieht mich an. Mit ihren Details, ihren Ecken, ihren Straßen und all den Läden, Cafes, Clubs, die man nie fertig entdecken kann. Mit all den wundervollen Dingen, die man in Rostock nicht kaufen kann. Ja, Berlin ist Kauflust, alles ist schöner und chiquer, in Berlin kümmern sich die Menschen um Design und Lifestyle. Wahrscheinlich sind die meisten von ihnen Angeber, Besserwisser, Anzugträger... aber es ist schön und metropolitan... es zieht mich an. Schön in the very special way... Schön im Sinne von Glitzer und Architektur in der man versinken will, aber auch in Straßenkunst, Grafittis und rauhem Betonelendcharme. Es macht mir auch Angst, ich fühl mich klein und provinziell. "Ich brauch dich nicht", sagt die große Stadt, "aber wenn Du Dich traust, dann bleib halt hier. Mal gucken, ob Du das aushälst."
Wer weiß, vielleicht mache ich das mal irgendwann.
Es gibt so viele Dinge, die mag man so sehr und will es gar nicht. Weil alle, einfach alle sie mögen und es einen alles andere als einzigartig macht. Weil es einfach nur zeigt, wie sehr unser Geschmack, unsere so-called Individualität doch nichts anderes ist, als die Zeit und die Gegend, in der wir leben. Unsere Schicht, unsere Kaste, und das im Zeitalter der Individualisierung. Welche Schade. Oder warum sonst mögen alle, alle Menschen die "fabelhafte Welt der Amelie", Sarah Kuttner, Schokolade? Darn it.
Nachdem ich das nun vorraus geschickt habe, kann ich jetzt ja zum Punkt kommen: Ich kann "Hey there Delilah" gar nicht oft genug hören. So schön. Hach hach.
Die Abende bei O., der großartigen gallischen Zwergin (d'oh!) hinterlassen im Kopf ein gluchsendes Glücksgefühl und ein wuseliges Sprachgewirr von englischen, französischen und deutschen Wortfetzen die sich beliebig aneinander reihen und ein babylonisches, sinnloses Durcheinander ergeben, welches ich beim Nachhauseradeln leise vor mich hinplappere.
Vorher vier Folgen Gilmore Girls auf englisch zu gucken, machen das Ganze keineswegs besser.
In solchen Momenten weiß ich, warum ich mir das antue, den ganzen Französisch-Scheiß, die Grammatik des Grauens, die Dissertationswüste der verlorenen Hoffnungen. Fremdsprachen sind eine Droge, sie machen süchtig und sie machen glücklich. Und das sind erst die wenigen Gelegenheiten in meiner provinziellen Heimatstadt. Irgendwann bin ich im schönen Frankreich und dann darf ich ein ganzes Jahr französisch sprechen... Dann werde ich so dauer-high, dass ich es gar nicht mehr merke.
Danke Gott, für Bablyon. Übrigens heßen sowohl "tschüß" als auch "ciao" auf chinesisch soviel wie "go to hell"
Eben, auf der Straße.
Mein Fahrrad ist ein Arschloch, es macht keinen Spaß, damit zu fahren. Außerdem ist das Wetter schlimm, es regnet mich an, meine Hände frieren, der Wind nervt, das Kopfsteinplfaster holpert. Aber ich bin viel unterwegs, meine Tage bestehen aus vier bis fünf Stationen, ich muss also ständig raus, und mit dem Blödfahhrad durch dieses Hundewetter fahren.
Aber heute hab ich schöne Dinge gesehen, die ich erzählen will.
~*~
Das erste ich nicht schön. Es ist auch nur ein Fragment. Ein Paar, sie ist blond und er dunkel. Dass sie sich gerade gestritten haben, hab ich gesehen, weil sie weinte, er sprach so ruhig, dass man es nicht gehört hätte. Sie hingegen, war laut. "Warum läßt du mich nicht endlich in Ruhe?" rief sie verzweifelt. Und "Du zerstörst mein ganzes Leben!" Dann, laut und heftig: "Nein, ich will mit dir nirgendwo hingehen!"
~*~
In der Stadt war Kaspeltheater. Wenn ich Merkmale vom Kaspeltheater aufzählen müsste, würde ich das wichtigste vergessen. Ich würde sagen, dass es einen Bösewicht gibt, eine Prinzessin, oft ein Krokodil... Aber erst heute wurde mir bewußt, wie sehr das Konzept auf der Interaktion mit den Kindern basiert. Und wie die mitgehen, "Kasperrrrl, Kaspeeerl!" schreien und fast durchdrehen, vor Entsetzen, als die Prinzessin an dem verwunschenen Zauberkraut riechen will. "Das ist doch verzaaaaaubeeeert!" Sich die Seele aus dem Leib schreien, als der Räuber sich ins Schloss schleicht. "Stadtwachen!!" rufen sie alle, so laut sie können. Ein Kind ist besonders schlau, das hat gecheckt, dass die Wachen nicht kommen und brüllt "Kööönig! Köööönig!" Ich bleibe stehen und lache fröhlich, bin begeistert von der Tradition und davon dass diese Kinder noch genauso klingen, wie wir und die Generationen vor uns. Auf das Gejammer vom Werteverfall gebe ich nichts, aber zu hören, wie die Gameboy-verwühnten und Power-Ranger-überreizten Kiddies sich von traditionellen Handpuppen in Extase versetzen lassen, ganz ohne Kampf-Choreo und Explosionen - das war schön. Vor allem als die Prinzessin in ein Krokodil verwandelt worden war und der Räuber sie als hässlich verspottete. Da hat ein einziges, kleines Mädchen ganz empört geschrieen: "Sie ist nicht hässlich!!!" Und nein - nicht ich bin das kleine Mädchen gewesen. *g*
~*~
Dann hat es angefangen, zu hageln. Erst war es kurz Regen, dann Schneeregen, dann Hagel. "Persil Megaperls macht Werbegeschenke" haben wir als Kinder immer gesagt. Hagel ist doof, weil er auf den Händen noch viel mehr weh tut, als Regen. Aber er ist gut, weil man nicht so naß davon wird. Außerdem ist in Rostock gerade "Lichterwoche". Der Uniplatz, das Zentrum der Fußgängerzone, ist von vielen Glühbirnen erleuchtet. Neonröhren hängen in den alten Bäumen, die Uni und die historischen Gebäude sind bunt angestrahlt. Eine große Laser-Rosette routiert und strahlt acht Lichterarme in den Nachthimmel. Der Hagelschauer ist also bestens illuminiert worden, viele kleine Lichtpunkte, die in den Scheinwerferkegeln tanzten. Das war unglaublich schön und hat mich vergessen lassen, wie weh die Hände taten.
Es war - wie so vieles - eine Tanzflächenerkenntnis.
Mit Sorge habe ich festgestellt, dass sich etwas eingeschlichen hat. Dass aus einem geseufzten "Früher war alles irgendwie besser" ein unterschwelliger Dauerzustand, eine Gewissheit, eine Tatsache geworden ist, die mich durch den Tag begleitete. War doch zu Schulzeiten alles viel leichter gewesen, schöner, sonniger - glücklicher. Bin ich nicht ständig mit Dauergrinsen durch die Gegend geradelt? Viel schneller, als heute, übrigens? Die Partys waren rauschender, die Momente mit Freunden wertvoller, die Nächte im Lieblingsclub viel intensiver. Dass der Sommer besser war, ist müßig, zu erwähnen.
Das ist nicht schlimm, so darf man denken, in schwachen Momenten. Wenn eine Einstellung draus wird, hat man was falsch gemacht.
Jedenfalls ist mir kürzlich - und eben auf einer Tanzfläche - aufgefallen, dass ich bei dem ganzen Hinterhertrauern nach der Vergangenheit etwas vergessen habe. Ich habe die Ärzte vergessen, die zu diesem Früher felsenfest dazugehören. Junge, war ich ein Fan. Gott, waren die wichtig für mich, für uns alle. Eigentlich waren die Ärzte eine Tragsäule unseres Freundeskreises, tägliches Gesprächsthema, kleinster gemeinsamer Nenner, Anlass einiger der schönsten Erlebnisse. Und dann sind sie ganz langsam aus meiner Aufmerksamkeit wegdiffundiert, ohne dass ich es gemerkt habe. Sie sind zu einem Teil Vergangenheit geworden, der mir wichtig war, und dem ich nicht hinterher getrauert habe, kein bisschen.
Was ich damit sagen will? Keine Ahnung. Ich sag doch, es war ein Tanzflächengedanke und er ist schon einige Wochen alt. Dieser Gedanke hatte auch mal einen Schluss, aber der will mir grad nicht mehr einfallen. Ich glaube, es hatte was damit zu tun, dass die neue CD draußen ist, dass sie aussieht wie eine Pizza, dass ich am Wochenende mit meinem besten Freund verabredet bin, sie mir anzuhören. Jenem besten Freund, dessen Person und dessen Wohnung weitere wichtige Säulen meines damaligen Lebens waren. Damals war er mein Bett in der Stadt, wenn wir die Nacht so weit davon gefeiert hatten, dass ich nicht mehr auf mein Dorf zurück kamen. Heute ist die gleiche Wohnung nur noch eine Straße von meiner entfernt - und ich habe nicht mitbekommen, dass er sie vor fast einem Jahr renoviert hat.
Damit, dass ich mir überlege, eine Konzertkarte zu kaufen.
Aber irgendwie geht es auch darum, dass ich die Handbremse gefunden habe. Dass ich irgendwas verstanden habe. Ich gewinne Oberwasser. Wenn Menschen mich fragen, wie es mir geht, sage ich nicht mehr "Gut" und denke "Aber...", sondern sage "Super" und freu mich, dass ich es ehrlich meine. Ich bin miniglücklich, über Kleinkram, erfreue mich am Wetter, strahle wieder, fühle mich wohl. Es ist schwer zu sagen, wo der Unterschied liegt und der Unterschied zu wann, aber ich bin irgendwie auf den Füßen gelandet, habe irgendwas wiedergefunden, was weg war. Oder ich habe gemerkt, dass ich es gar nicht brauche, das kann auch sein.
Gerade - unvermittelt - schreibt mir ein Freund. "Yesss" und "Vieles ist gut". Ungelogen, eben gerade. Wie recht er doch hat. Dieser Freund gehört zu meinem neuen Leben, nicht dem alten, und er hört auch die Ärzte. Ich glaub, ich kauf mir die Karte. Und das Album auch. Hey, es sieht aus, wie ne Pizza.
Das Wochenende war berauschend. In Indien sind wir gewesen, haben märchenhafte Gewänder getragen, exotische Dinge gegessen, junge Männer ausgelassen tanzen gesehen und singen gehört und ausgelassene Spiele gespielt. Diwali - das Lichterfest. In Wirklichkeit waren wir nur in Berlin, haben also auch noch Hauptstadtluft geatmet und Metropolenflair genossen, sind benommen durch unermessbare Weiten des Konsums geschwankt und haben Speisen genossen, die für uns Provinz-Städler mindestens ebenso exotisch sind, wie die indischen Spezialitäten am Abend zuvor: Dunkin Donuts.
Ich liebe Berlin und ich liebe es für seine Fülle an Details, an Dingen, die es zu entdecken gibt. Straßenkunst, fremdartige Menschen, auffällig angezogene Menschen, Großstadtflair. Genächtigt haben wir in der studentischen WG unserer indischen Gastgeber. Vielleicht ist das mit den arrangierten Ehen doch so keine schlechte Sache, dachte ich kurz vor dem Einschlafen auf dem unbezogenen Bett. Diese Jungs hier sind großartig... aber sie brauchen ganz schnell eine Frau, die nicht nur weiß, wie Dinge wie aufräumen und putzen so gehen - sondern auch, warum man das von Zeit zu Zeit tun sollte.
Darüber hinaus aber waren es großartige Tage, gefühlt viel viel mehr als zwei, die noch erheblich mehr Glanz bekommen haben, als sich der Tenor spontan entschloss, doch mitzukommen.
Ich muss um sechs aufstehen. Es ist Mitternacht und ich kann noch nicht schlafen. Ich wäre gerne jemand, dem das nicht wichtig ist. Einfach schlafen und einfach aufstehen, nicht den ganzen Tag Angst davor haben, wie schlimm das frühe aufstehen werden wird. Ich hab das Gefühl, manche Menschen können das.
Es geht mir ein bisschen auf die Nerven, dass die Menschen gerne Gespräche mit mir beginnen, mit der Formulierung "Übrigens, Dich als Soziologin müsste das doch interessieren, dass..."
Das nervt erstens, weil Ihr mir nicht sagen müsst, was mich zu interessieren hat. Die Soziologin in mir beschäftigt sich den ganzen Unitag mit Dingen, die sie zu interessieren haben - laut Lernplan. Das ängstliche Häschen in mir ("Oh mein Gott, ich werde nie einen Job bekommen") tut das auch darüber hinaus, um sich die Illusion zu verschaffen, was für ihre Bildung, und damit Zukunft zu tun. Auch mal um 12 Uhr nachts. Und der interessierte Mensch in mir tut das sowieso die ganze Zeit und mit jedem Mist, der meistens auch viel interessanter ist, als das, was immer ihr von mir wollt.
Wirklich nervt mich aber, dass das was nach "das ist doch aber soziologisch interessant" meistens etwas kommt, das mit Soziologie nicht das geringste zu tun hat. Psychologie, wenn überhaupt. Oder irgendein oberflächlicher Zusammenhang, auf dessen Beobachtung irgendwer ganz furchtbar stolz ist. Was ja auch okay ist. Und mich als Freundin/Tochter/freundliche Fremde in der Bahn durchaus interessiert. Aber eben - meistens - nicht als Soziologin.
Um zu verstehen, was Soziologie ist, muss man in den Quatsch erst mal ein bisschen reinstudieren. Das ist doof, aber nicht anders. Noch mehr Elfenbeinturm-Überheblichkeit ist sicherlich das letzte, was meine liebe kleine "Spätaufsteherwissenschaft" braucht, aber es ist etwas ärgerlich, ständig zu hören, was man zu tun, nein schlimmer - zu denken hat. Und das von Leuten, die keine Ahnung davon haben, was man so macht. Laien-Überheblichekeit, also. Nicht alles, worüber ihr noch nie zuvor nachgeacht habt, Ihr Lieben, ist Soziologie.