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'
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Er schmeckt mir gut und...
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Phae - 2. Apr, 20:15
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Phae - 1. Apr, 01:34

Montag, 10. Dezember 2007

Winston und ich

Ich bin die unangefochtene Königin der Notizzettel. Ich habe zwei Notizbücher und einen Terminkalender, die ich mit mir rumtrage, zusätzlich habe ich noch diverse, die ich zu Hause habe. (Eines für Ideen, eines für Listen... es ist ein bisschen ausgeartet) "Phaes tragbares Gehirn" steht auf der ersten Seite meines gepunkteten Notizbuch, das von 2004 bis 2007 alles aufgenommen hat, was ich vielleicht hätte vergessen können.

Im Vergessen bin ich gut, aber auch für Zusammenhänge, Übersichtlichkeit und Einfälle, die einfach nirgendwo hinpassen gilt einfach: Ich denke auf Papier.

Ein großes Problem sind To Do Listen. To Do Listen müsste man eigentlich immer zur Hand haben, sie müssten einen von selbst an sich erinnern und sie müssten eigentlich sehr komplex sein. Schließlich gibt es Sachen, die dringend erledigt werden müssen, Sachen, die man mal machen müsste, wenn man mal Zeit hat, Sachen, die man tun könnte, wenn einem mal langweilig ist. Sachen, die man nur zu Hause machen muss und Sachen, an die man an diesem einen Tag in der Woche denken sollte, an dem man in der Nähe von diesem einen Copyshop/Laden/Amt zu tun hat.

Ich hab alles versucht. Das Notizbuch ist nicht der richtige Platz dafür, lose Zettel sind eine ganz doofe Idee, meine kleine Casio Datenbank war supoptimal, des Tenor's Handheld, den er mir großzügig überlassen hatte, war auch nicht das Richtige. Ich hab schon fast resigniert und beschlossen, dass ich einen Sekretär brauchte, ein kleines, magisches Wesen mit einem kleinen, magischen Notizblock, dass mir den ganzen Tag auf Hinterkopfhöhe hinterherfliegt und mich zum richtigen Zeitpunkt an die richtigen Dinge erinnert. Das aufschreibt, wenn mir auch dem Fahrrad einfällt, dass ich zu Hause noch T. anrufen muss und das mich dann daran erinnert, wenn ich zu Hause bin. Ein kleiner Drache oder eine kleine Fee, meinetwegen auch ein kleiner, blauer Krake. Etwas, das auf meiner Schulter lebt und sich Sachen merkt, die sogar ich aufzuschreiben zu faul bin.

(Merkt ihr schon was? Dies ist eine von Phaes völlig unpassend langen Einleitungen, die sie sich nirgendwo den Leuten zuzumuten trauen würde, außer eben in ihrem Webblog. Ich weiß, die Kausalität in meinen Artikeln gleicht manchmal einer Simpsonsfolge. Worum ging es gleich zum Anfang?)

Vor ein paar Tagen ist mein altes Handy kaputt gegangen.

Mein altes Handy war blau und süß und von Simens. Es war wirklich alt und konnte fast nichts, außer zu klingeln (das hat es aber nur ganz selten gemacht) und zu piepsen. Mit der jeweligen Kommunikationsübertragen dann - natürlich. Das Display war gelb-schwarz und alle Klingeltöne nervtötendes, unattraktives Gedudel.

Aber ich bin ihm natürlich treu geblieben und hab es nicht gegen die sexy Konkurrenz eingetauscht. Bis es vor einer Woche in meiner Hand einfach davon gestorben ist und mich mit seinem trostlosen, leeren Display alleine gelassen hat.

Seitdem habe ich ein Sony Erricson, das ganz viel kann und bunte Farben hat. Ich habe es zärtlich in die Familie meiner geliebten Besitztümer eingeführt (allen meinen Dingen geht es sehr gut und ich unterhalte zu fast jeden von ihnen eine emotionale Beziehung. Auch zu denen, mit Eselsohren und Flecken.) und eine Zeit lang "Baby" genannt. Jetzt allerdings trägt es den Namen "Winston", den eine Freundin von mir ihm verliehen hat. Winston ist zwar kein Google Desktop, aber mindestens genauso praktisch und echt schick. Und er hat eine Aufgabenfunktion: ich kann ihm nicht nur sagen, was ich wann zu tun habe, sondern wann er mich dran erinnern soll. Für jemanden wie mich ist das quasi eine ganze Chipstüte voll zusätzlicher Lebensqualität. Er fliegt nicht hintermir her und er schreibt meine Gedanken nicht alleine auf - aber sonst ist er fast perfekt.

Daten auf den Rechner zu übertragen - das kann er auch noch nicht so gut, das müssen wir zwei noch etwas üben. Ansonsten haben wir uns sehr gerne und sehen einer glücklichen Zukunft entgegen. Morgens weckt er mich mit dem "Küsschenlied" aus dem Traumzauberbaum.

Alle anderen finden, übrigens, ich könnte Winston zumindest mal für fünf Minuten am Tag aus der Hand legen.

Ich habe einen neuen Schreibtisch.

Ich habe mich dazu durchgerungen, mir einen Internetschreibtisch bei iGoogle einzurichten. Durchringen muss man sich ja immer, schließlich will ich, wenn Google dann bald endlich die Weltherrschaft übernimmt, nicht auch noch dazu beigetragen haben.

Bis dahin aber habe ich eingesehen, dass das Ding echt praktisch ist und Zettelkönigin Phae einen virtuellen Schreibtisch, der im Internet wohnt und immer da ist, wo sie ist, echt brauchen kann. Und so habe ich mir ein schönes buntes Hintergrundbild ausgesucht (Scheiß auf Weltherrschaft. Wenn es bunte Hintergrundbilder gibt, bin ich dabei) und mir aus vielen kleinen Widgets die besten rausgesucht. Auf meinem Schreibtisch liegen jetzt diverse Übersetzungshilfen, die Fahrpläne von meinem Bahnhof, das aktuelle Wetter und die Schlagzeilen der ARD, um mich daran zu erinnern, dass ich als erwachsender Mensch gefälligst die Nachrichten zu konsumieren habe. Da bei mir weder Fernseher noch Radio nebenbei laufen, ist das gar nicht so leicht. Außderdem gibt es natürlich diverse To Do Listen und Notizbücher, Wikipedia liegt als Nachschlagewerk gleich neben den Wörterbüchern und sobald ich endlich rausfinde, wie diese "RSS-Webseiten-abonnieren"Sache geht, werde ich sie auch noch dazu packen.

Außerdem habe ich eine türkise Uhr und einen Free SMS Service. Den habe ich gleich ausprobiert und mir selber einen Gruß auf das Handy geschickt, was den Vorteil hat, dass ich jetzt auch weiß, wie mein SMS Ton klingt. (Alles nicht selbstverständlich.) Und das beste: mein neuer Schreibtisch sieht total aufgeräumt aus und hat zumindest damit der Realität etwas vorraus.

Weltherrschaft und böses Google hin oder her, ich bin erst mal glücklich und voller Erwartungen, dass mein Leben jetzt viel einfacher und schöner wird.

Und überlege nun, ob ich mich bei Facebook anmelden soll.

Memento

Das Leben hat so eine Art, die sich aber auch nur das Leben erlauben darf - jedem anderen würde man das übelnehmen.

Jetzt ist es schon mehr als zwei Jahre her - es war kurz nach den Osterferien, als wir nicht einfach nur Biologie hatten, sondern die Stimme der Lehrerin ganz tief war und alle wußten, dass was nicht stimmt, noch bevor das weinende Mädchen in die Klasse gekommen war. Wir standen nur am Rand von dem Krater die die Katastrophe in das Leben gerissen hatte, anders als für die Familie oder das schluchzende Mädchen hatten wir nicht viel verloren, nur einen der Akteure des täglichen Lebens. Die Katastrophe hatte uns die Haare versengt, wir haben die Hitze gespührt, vielleicht sind wir durch die Detonation etwas gestolpert - die Wucht des Aufpralls der Tragödie haben wir halt nicht abbekommen.

Deswegen musste es mehr als zwei Jahre dauern, auf einer Party, in einem Nebensatz fast, bis auch Nebenakteure wie ich die Frage beantwortet bekamen. Ist er gefallen oder gesprungen? "Ach der Typ", meint die Freundin aus einer anderen Stadt, einer anderen Welt, einem anderen Leben, als das Gespräch zu dem die Party längst geworden ist, auf den Tod kommt. Und erzählt, dass sie jemanden kennt, der da war. Der es gesehen hat. Gesehen, nicht gehört. Kein Schrei. Und er hat seinen einzigen Anzug getragen. Gesprungen, nicht gefallen.

Mich, vielleicht als einzige, hätte das überraschen sollen. Das ist ausgeblieben. Ausgeblieben ist auch eine wirkliche Reaktion auf die Frage, die zwei Jahre lang eine Art VIP Ausweis zu meinen Gedanken hatte. Das Rätsel ist gelöst und scheint nun gar nicht so viel zu bedeuten. Statt dessen ist mir aufgefallen, wie umbarmherzig, wie endgültig jemand verschwindet, der gestorben ist. Und wie sehr die Menschen Teil doch von uns sind. Er verschwindet, weil er nicht mehr da ist, weil seine Art, sein Humor, sein verschrobenes Stück Genie unwirklich sind, für die, die ihn nicht kennen. Irreal. Weil wir keine Freunde mehr waren, vielleicht nie gewesen sind. Wir waren nie ein Paar, wir haben nie unsere Freizeit geteilt, unsere Leben unsere Geheimnisse. Und deshalb fällt es den Menschen aus dem neuen Leben schwer, zu verstehen, wer da gestorben ist und warum das so wichtig ist und bleibt.

Wir waren zusammen darin, nicht dazuzugehören. In einer Zeit, in der unser Wort nichts galt, haben wir uns verstanden, wir haben zusammen gelacht und waren allen anderen ein Rätsel. Haben im Unterricht endlose Geschichten in Schreibhefte geschrieben, geduldig in unsere Hausaufgabenhefte gemalt und in skurrilen Wettbewerben den Inhalt unserer Federtaschen verglichen. Schon damals haben die Leute nicht begriffen, was wir füreinander waren - sogar die Lehrer hielten uns für ein Paar. Und dann fingen die anderen an, in ihm zu erkennen, was mich schon immer zu ihm gezogen hat, was mich die Finger in meiner Faust zu kreuzen verkrampfen lies, als die Lehrerin uns zusammensetzte. Yes! Was für ein Jahr...

Und dann kam die Zeit, in der alles besser wurde. Wo wir uns nicht mehr brauchten, wo sich alles änderte und uns auseinandertrieb. Jeden an den Rand vom Sichtfeld des anderen. Es ist gut, nur am Rand zu stehen, wenn die Katastrophe einschlägt. All das war in einer Zeit, von der wenig zurück geblieben ist. Es gibt kaum Fotos. Es gibt kaum Zitate. Es gibt seine Tagebücher, die aus losen Zetteln bestehen und seine bis auf den letzten Millimeter vollgekritzelten Hausaufgabenhefte. Doch natürlich weiß ich nicht, was aus denen geworden ist und werde sie nie zu Gesicht bekommen. Schließlich stehe ich nur am Rand.

Für die anderen ist er ein gesichtsloser Klassenkamerad. Für die alten Freunde ein Junge ohne Haare, im grünen Parka mit unterschiedlichen Knöpfen. Für die wenigen, noch älteren Freunde ist er der Junge, der die Matchboxautos auf der Weitsprungbahn aus Gummi hat fahren lassen, als wir Mädchen schon nicht mehr mit Puppen spielen durften. Und nur für mich ist er in so vielen Gedanken und Situationen, ist das Fundament, auf dem mein Humor und ein bisschen von meiner Philosophie aufbaut. Er ist da, wenn jemand "Satre" sagt, oder "Brot", er ist da, wenn jemand die Augen zusammenkneift, weil ein Vorhang gezogen wird und helles Licht in den Raum strömt. Wenn mir was passiert und ich unwillkürlich fluche, dann mit seinen Worten. Wenn ich in der Stadt an ruhigen, schönen Orten bin oder mit bunten Finelinern male - dann ist er da. Und neuerdings hat er dabei einen Anzug an.

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